Kleiner Aufwand – große Hilfe

Simin (48) und Susanne (67) im Interview über das interkulturelle Online-Tandem-Projekt der Malteser

Wie habt ihr von dem Projekt erfahren?
Simin: Im Jugendamt wurde mir das Projekt empfohlen. Mein Problem war, dass ich keine Gelegenheit hatte Deutsch zu sprechen. Ich habe mich daher gleich angemeldet und seither spreche ich regelmäßig mit Susanne. Wir reden viel und über unterschiedliche Themen. Susanne hilft mir sehr, manchmal beim Deutschlernen, aber auch das Leben in Deutschland zu verstehen oder beim Ausfüllen von Unterlagen. Sie ist zu meiner Schwester in Deutschland geworden.

Susanne: Ich habe in der Zeitung „Wochenblatt“ über das Online-Tandem-Projekt gelesen. Das Projekt hatte damals den Brückenpreis bekommen und es wurde dort vorgestellt. Ich hatte schon längere Zeit mit dem Gedanken gespielt, ehrenamtlich tätig zu werden. Doch die meisten Angebote haben mich nicht angesprochen. Beim Online-Tandem war das anders. Hier gefielen mir besonders die individuelle Ebene und die 1:1 Betreuung. Damals bin ich gerade in Rente gegangen und wollte gerne irgendetwas machen und mein Wissen über die Strukturen der Stadt weitergeben.

Wie waren die ersten Gespräche?
Susanne: Der erste Kontakt war ein Anruf über WhatsApp. Danach haben wir immer mehrfach in der Woche miteinander telefoniert. Durch Simins Weiterbildung sind wir irgendwann auf Sonntag umgestiegen. Wir haben immer selbst die Termine festgelegt und so gestaltet, dass es für uns am besten passte. Wir haben uns gleich gut verstanden und nach einem halben Jahr haben wir uns dann auch persönlich kennengelernt.

Simin: Zurzeit schreiben wir viel miteinander und versuchen ab und zu etwas gemeinsam zu unternehmen. Wenn ich mehrere Tage nichts von Susanne gehört habe, dann vermisse ich sie und melde mich bei ihr. Sie ist wie ein Familienmitglied, eine Schwester für mich.

Was unternehmt ihr gemeinsam?
Susanne: Wir haben z.B. gemeinsam einen Ausflug nach Heidelberg unternommen. Simins Tochter war auch mit dabei, da sie in Heidelberg Medizin studieren möchte. Wir haben dann zusammen die Stadt besichtigt und uns die Universitätsgebäude angeschaut. Außerdem waren wir gemeinsam auf einem Forschungsschiff auf dem Rhein und auf einem Fest im Garten des Hack-Museums.

Simin: Meine Tochter hat Kunst als Leistungskurs in der Schule. Daher haben wir zu dritt die Kunsthalle in Mannheim besucht. Es war sehr interessant. Meine Tochter kennt sich gut aus und sie hatte sehr viel Hintergrundwissen über die Werke. Ein anderes Mal sind wir mit einer Gruppe der Diakonie im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen gewesen.

Susanne: Diese Ausflüge waren sehr schön. Ich bin auch eine Kunstliebhaberin. Ich male auch sehr gerne, zurzeit nehme ich an zwei Malkursen teil. Simins Tochter malt sehr gut. Einmal hat sie mir ihre Zeichnungen zugeschickt – Sie waren wirklich sehr schön.

Habt ihr manchmal Angst, dass euch die Themen ausgehen?
Simin: Ich kann mit Susanne immer über alles bis ins Detail sprechen. Ich kann ihr erzählen, was mich bedrückt oder was ich denke. Danach fühle ich mich besser. Für mich ist es gut, meine Emotionen und Gefühle mit jemanden zu teilen.

Susanne: Gemeinsam mit Simin lerne auch ich viel über meine Muttersprache. Wie viele Feinheiten und Ausnahmen es gibt, aber auch, dass ein Wort viele unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Simin hat mich immer gefragt: „Läuft bei dir?“ Ich habe ihr dann erklärt, dass das so nicht richtig ist. Dann habe ich jedoch recherchiert und herausgefunden, dass „Läuft bei dir?“ das Jugendwort des Jahres 2014 war. Eine Zeit lang hat Simin sich sehr für die Deutschen Sprichwörter interessiert und wir haben oft darüber gesprochen. Jetzt kann sie über 20 Sprichwörter.

Simin: Ohne Fleiß kein Preis!

Wie würdet ihr das Online-Tandem-Projekt in einer Skala von 1 bis 10 bewerten?
Simin: Für mich sind es absolut 10 Punkte. Ich bin so zufrieden mit diesem Projekt und die Möglichkeit eine so nette Person wie Susanne kennenzulernen und mit ihr zu sprechen. Seitdem ich Susanne kenne, fühle ich mich nicht mehr allein. Ich habe eine Ansprechpartnerin, eine Schwester in Deutschland. Sie hat immer ein offenes Ohr für mich. Sie hilft mir mit der Sprache, aber auch mit anderem Wissen und Tipps im alltäglichen Leben. Mit ihr kann ich über alles sprechen, auch über die Dinge, über die ich mit meiner Tochter nicht sprechen mag. Ich finde jeder, der aus einem anderen Land nach Deutschland kommt, braucht eine Susanne, wie ich sie habe.

Susanne: Für mich ist es auch eine 10. Ich finde die individuelle Gestaltung des Projektes sehr gut. Es gibt keine strikten Regeln, man ist frei. Ich kann auf Simin und ihre Bedürfnisse eingehen. Sie ist sehr motiviert und wissbegierig. Die Flexibilität des Projektes ist auf jeden Fall ein großes Plus. Außerdem ist es sehr bereichernd und ich kann es jedem nur empfehlen. 

                                                                                                                                                                             

Die Nachfrage nach einem Online-Austausch wächst vor allem bei den Migranten stark. Daher suchen die Malteser derzeit weitere ehrenamtliche Gesprächspartner, die am Projekt teilnehmen möchten.

Interesse? – Dann melden Sie sich gerne bei:
Kerttu Taidre
Koordinatorin Malteser Integrationsdienst Ludwigshafen
Handy: 01751677631
Email: kerttu.taidre@malteser.org